Wirtschaftswende duldet keinen Aufschub!
Deutschland ist im globalen Wettbewerb weiter zurückgefallen. Im internationalen Standortranking des schweizerischen World Competitiveness Center belegen wir nur noch Platz 24 – statt Platz 6 vor zehn Jahren. Hohe Steuern, hohe Energiepreise, überbordende Bürokratie, Digitalisierung im Schneckengang – Deutschland scheint zunehmend zu träge, um auf Veränderungen zu regieren und sich flexibel anzupassen.
Insbesondere für den Mittelstand häufen sich die Probleme. Als Vorsitzender des Liberalen Mittelstandes Niedersachsen bin ich besorgt, dass kleine und mittlere Unternehmen, der Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft, unter wachsenden Belastungen leiden.
Deshalb fordern die Freien Demokraten eine zügige Wirtschaftswende. Im April hat das Präsidium 12 Punkte zur Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung beschlossen. Diese stießen in der Ampelkoalition nicht durchweg auf Gegenliebe. Dennoch werden die Liberalen sich nachdrücklich für die Umsetzung dieser Punkte einsetzen, um die derzeitige wirtschaftliche Schwäche Deutschlands zu überwinden.
Dazu gehören vor allem:
Bürokratieabbau. Unnötige Vorschriften, Berichtspflichten und Detailanforderungen – vom Denkmalschutz über kleinteilige Regeln in der Landwirtschaft bis hin zum Lieferkettengesetz – lähmen unsere Wirtschaft. Europäische Richtlinien werden teils übermäßig ausgedehnt. Dies muss aufhören.
Bürgergeld und Sozialleistungen. Die Unzufriedenheit der Menschen mit ungerechtfertigten Transferleistungen hat sich nicht zuletzt im Ergebnis der Europawahl niedergeschlagen. Ausgabenprogramme für Soziales müssen konsolidiert werden, die Zahl der Empfänger bedarf der Überprüfung. Wir brauchen auch mehr Sanktionen für diejenigen, die nicht arbeiten wollen.
Im Gegenzug muss sich Arbeit wieder lohnen. Deswegen fordern wir steuerliche Vorteile für Überstunden und eine Korrektur der „kalten Progression“, durch die die absurde Situation entstehen kann, dass Menschen nach einer Gehaltserhöhung weniger Geld zur Verfügung steht als vorher.
Bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen. Dazu gehören die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, der im europäischen Vergleich zu einer Bürde geworden ist, sowie die Fortführung der degressiven Abschreibung.
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Das Gesetz ging in die richtige Richtung, hat aber die Verantwortung für Menschenrechte zu weit in Richtung der Unternehmen ausgedehnt. Bis zur Umsetzung der neuen EU-Lieferkettenrechtlinie sollten wir daher die aktuellen Regelungen aussetzen oder zumindest dafür sorgen, dass den Betrieben nicht praxisferne Vorschriften gemacht werden.
Fairness im Baubereich. Die Bundesregierung ist weit von ihrem Ziel entfernt, jedes Jahr 400.000 Wohnungen zu bauen. In vielen Gegenden sind Mieten für Privatpersonen und Gewerbetreibende kaum noch zu bezahlen. Das Bauen muss schneller gehen. Daher: Anpassungen von Baustandards für wirtschaftliches bauen, keine neuen Bürokratieanforderungen, schnellere und unkompliziertere Genehmigungsverfahren, Digitalisierung der notwendigen Prozesse. Planungsbeschleunigung ist das Gebot der Stunde.
Bezahlbare Energie. Hierfür wollen wir erneuerbare Energien besser in den Markt integrieren und unnötige Förderung abschaffen. Zur Energiegewinnung gehört auch eine Rohstoffstrategie, die heimische Energiereserven mehr in den Blick nimmt als bislang.
Mehr Leistungsgerechtigkeit. Dazu gehört die Abschaffung der Rente mit 63, die dem Arbeitsmarkt wertvolle Fachkräfte entzieht. Wer länger arbeiten möchte, soll dies unter attraktiveren Bedingungen machen können. Dazu gehören auch die Flexibilisierung der Arbeitszeit und eine gerechte, nach Leistung gestaffelte Bezahlung.
Technologieoffenheit. Ob Gentechnik, CO2-Speicherung oder die Abschaffung von Verbrennermotoren trotz der Aussicht auf klimaschonende E-Fuels oder Wasserstoffantriebe – überall stoßen Innovationen auf rechtliche Hürden. Diese wollen wir im Interesse eines Gleichgewichts zwischen Ökologie und Ökonomie reduzieren.
Schnellere Digitalisierung. Dies ist seit vielen Jahre eine Kernforderung der Freien Demokraten. Im europäischen Vergleich steht Deutschland im Hinblick auf den digitalen Fortschritt hinter Malta und Slowenien. Die Digitalisierung von Verwaltung und Justiz steckt im Jahre 2024 immer noch in den Kinderschuhen. Ganz zu schweigen von den Missständen in Schulen, in denen Smartboards und Tablets weiterhin Seltenheitswert haben.
Wir haben uns zu lange auf unserem bisherigen Wohlstand ausgeruht. Unter den „Großen Koalitionen“ blieben Reformprojekte liegen, während Sozialausgaben immer weiter gestiegen sind. Hier muss die Wirtschaftswende ansetzen. Andernfalls werden Unternehmen insolvent oder wandern ab, Arbeitsplätze werden gefährdet und die Vermögen der Bürgerinnen und Bürger werden geringer. Dies ist auch eine Gefahr für die Demokratie, denn Populisten von rechts und links nutzen diese Missstände für ihre Propaganda und stärken die politischen Ränder. Dem müssen wir als Freie Demokraten entschieden entgegentreten. Für uns gilt: Demokratie geht einher mit der Perspektive für eine gute Zukunft. Ohne Wachstum kein Wohlstand. Und ohne Wirtschaftswende kein Wachstum. Wir haben keine Zeit zu verlieren.